Am Sonntag, dem 7. Mai 2017, dürfen die Geschäfte in Hagen (Stadtbezirk Hagen-Mitte) nicht geöffnet sein. Dies hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg auf Antrag der Gewerkschaft ver.di mit Beschluss vom heutigen Tag im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festgestellt.

Der arbeitsfreie Sonntag wird vom Grundgesetz ausdrücklich geschützt. Das Ladenöffnungsgesetz und das Grundgesetz erlauben keine verkaufsoffenen Sonntage nur zu dem Zweck, dem ortsansässigen Handel einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Als eine Ausnahme vom verfassungsrechtlich verankerten Sonntagsschutz sind im Ladenöffnungsgesetz pro Verkaufsstelle jährlich höchstens vier Ladenöffnungen an Sonn- und Feiertagen aus Anlass von örtlichen Festen oder Märkten zugelassen. Dabei muss aber die öffentliche Wirkung der jeweils anlassgebenden Veranstaltung gegenüber der Ladenöffnung im Vordergrund stehen. Die für die Ladenöffnung vorgesehenen Tage werden durch eine ordnungsbehördliche Verordnung freigegeben. Vor deren Erlass hat der Rat der Stadt bzw. Gemeinde eine belastbare und nachvollziehbare Prognose dahingehend anzustellen, dass der Besucherstrom, den das örtliche Fest bzw. der örtliche Markt für sich genommen auslösen würde, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen der Öffnung der Verkaufsstellen kämen. Des Weiteren ist in Betracht zu ziehen, ob die Freigabe auf bestimmte Bezirke oder Ortsteile des Stadt- bzw. Gemeindegebietes zu beschränken ist.

Diesen Anforderungen wird die vorliegend maßgebliche Ordnungsbehördliche Verordnung über die Regelung besonderer Öffnungszeiten an Sonntagen für den Stadtteil Hagen-Mitte vom 3. Juni 2014 jedoch nicht gerecht. Das Gericht hat in seiner Entscheidung ausgeführt, die Stadt Hagen habe sich bei Erlass der Verordnung nicht prognostisch Gewissheit darüber verschafft, dass die öffentliche Wirkung der als anlassgebend aufgeführten Veranstaltungen gegenüber der typischen werktäglichen Geschäftigkeit im Vordergrund stehe; die im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verbürgten Sonn- und Feiertagsschutz notwendige Auseinandersetzung mit der Frage, dass und inwieweit gerade die vom 5. bis 7. Mai 2017 in der Hagener Innenstadt stattfindende Veranstaltung „Hagen blüht auf“ derart attraktiv sei, dass diese – und nicht die Ladenöffnungen – am Sonntag den hauptsächlichen Grund für den Aufenthalt von Besuchern bilden würden, habe nicht in hinreichendem Maße stattgefunden.

Auf die konkrete Prognose und daran anschließende wertende Ermessensentscheidung könne auch nicht verzichtet werden, da nicht offenkundig sei, dass die im Ladenöffnungsgesetz normierten Anforderungen an die anlassgebende Veranstaltung zumindest im Ergebnis eingehalten seien. Die Kammer hat hierzu ausgeführt, es fehle schon an einer tragfähigen Grundlage für die in dem Veranstaltungskonzept für „Hagen blüht auf“ prognostizierte Besucherzahl. Auch sei keine verlässliche Einschätzung getroffen worden, ob allein die Veranstaltung den prognostizierten Besucherstrom auszulösen vermöge oder auch die Sonntagsöffnung der Geschäfte in der Hagener Innenstadt hierzu beitrage. Zudem bestehe ein deutliches Missverhältnis zwischen der nach dem Veranstaltungskonzept vorgesehenen Veranstaltungsfläche und der freigegebenen Verkaufsfläche.

Nur ergänzend hat die Kammer ferner angemerkt, soweit die Stadt Hagen eine Änderung ihrer Ordnungsbehördlichen Verordnung vom 3. Juni 2014 noch vor dem 7. Mai 2017 angekündigt habe, bestünden bereits erhebliche Zweifel daran, dass die maßgeblichen kommunalrechtlichen Vorschriften für die in Aussicht gestellte Dringlichkeitsentscheidung durch den Hauptausschuss an Stelle des Rates eingehalten worden seien. Auch dürfte die nach dem Ladenöffnungsgesetz vor Erlass der Rechtsverordnung zwingend vorgeschriebene Anhörung der zuständigen Stellen (unter anderem der Gewerkschaften) bis zur Beschlussfassung voraussichtlich wohl nicht mehr durchzuführen sein.

Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen möglich.

Aktenzeichen: 1 L 1319/17