Mit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2017 ergangenem und den Beteiligten mittlerweile zugestelltem Urteil hat die 4. Kam­mer des Verwaltungs­gerichts Arnsberg die Klage einer Anwohnerin gegen die Ge­nehmigungen zur Er­rich­tung und zum Betrieb von drei Wind­energieanlagen in Werl-Hilbeck mit einer je­wei­ligen Gesamthöhe von 200 m abgewiesen. Die Anlagen waren bereits aufgrund frü­her erteilte Genehmigungsbescheide aus dem Jahr 2014 gebaut und in Betrieb ge­nommen worden; diese Genehmigungsbescheide sind aber mit Urteil der Kammer vom 12. Januar 2016 aufgehoben worden, nachdem sich herausgestellt hatte, dass vor Genehmigungserteilung eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hätte durch­ge­führt werden müssen, aber nicht durchgeführt worden ist. 

Die gegen die neuen – nunmehr nach Durchführung einer UVP erlassenen – Geneh­mi­gungs­bescheide der Landrätin des Kreises Soest erhobene Klage blieb ohne Erfolg, weil die Genehmigungen nach Auffassung der Kammer keine Rechts­verstöße aufweisen, auf die sich die Klägerin berufen kann. 

Hinsichtlich der von der Klägerin gerügten zu hohen Lärmbelastung habe das vor Ge­nehmigungserteilung eingeholte Schallgutachten ergeben, dass die für das Grund­stück der Klägerin maßgeblichen Richtwerte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) nach dem in diesem Regelwerk verbindlich vor­ge­ge­be­nen Prognoseverfahren nicht überschritten werden. Die nach dem ein­schlä­gi­gen Verf­ahren erstellte Schallimmissionsprognose leide auch unter keinem anderen Feh­ler, der dazu führen könnte, dass die Prognose nicht mehr hinreichend auf der si­che­ren Seite liegt. 

Etwaige von der Klägerin gerügte Verstöße gegen das Bauplanungsrecht seien nicht gegeben, da so­wohl die 80. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Werl als auch der paral­lel aufgestellte Bebauungsplan Nr. 109 der Stadt Werl wirksam sei­en und die streitigen Anlagen den planerischen Vorgaben entsprächen. Auf Rechts­ver­stöße, die sich aus eine Nichtigkeit dieser Bauleitpläne ergeben könnten, kön­ne die Klägerin sich ohnehin nicht berufen. Die Genehmigungen seien überdies nicht zu Lasten der Klägerin rücksichtslos. Insbesondere gehe von ihnen auf dem Grundstück der Klä­gerin mit Blick auf den erheblichen Abstand von über 1.200 m keine unzu­mut­ba­re op­tisch be­drängende Wirkung aus. 

Den Umstand, dass eine UVP vorliegend erst nach erst­ma­li­ger Inbetriebnahme der An­lagen durchgeführt worden ist, nachdem sich in dem dies­bezüglichen früheren ge­richt­lichen Klageverfahren gezeigt hat, dass eine erfor­der­liche UVP unterblieben war, hält die Kammer für un­be­denk­lich. Eine Nach­ho­lung der UVP sei im vorliegenden Fall weder rechtlich noch tat­sächlich aus­ge­schlos­sen gewesen. Jedoch teilt die Kam­mer einzelne Beden­ken der Klägerin hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Durchfüh­rung der Um­welt­ver­träg­lich­keitsprüfung. Ins­be­son­de­re sei nicht ersichtlich, ob beste­hen­den Hinwei­sen auf es­sentielle Nah­rungs­ha­bi­ta­te insbesondere des Rotmilans hin­rei­chend nachge­gan­gen worden ist und ob hin­sicht­lich dieser Vogelart alle Er­kennt­nisse zu Brutstand­or­ten – insbesondere im nahe ge­le­genen Steiner Holz – in der gebotenen Weise be­rück­sichtigt worden sind. Dies­be­zügliche Fehler hätten sich mit Blick auf eine nach­träg­lich hinsichtlich zahlreicher Vo­gelarten unternommene Raum­nutzungsanalyse aber nicht auf die Genehmi­gungs­ent­scheidungen ausgewirkt, so dass sich die Klä­ge­rin bereits aus diesem Grund nicht hierauf berufen könne. Schließ­lich könne sich die Klä­gerin auf die von ihr ge­rüg­ten und im Rahmen der UVP wo­möglich unterlau­fenen (re­lativen) Ver­fah­rens­feh­ler – insbesondere bei der Er­fas­sung des Sach­ver­halts – ohne­hin nicht berufen, da nach nationalem Recht An­fech­tungs­klagen nur in­soweit Er­folg haben könnten, als der jeweilige Kläger durch einen Rechts­ver­stoß in sub­jek­tiven Rechten verletzt sei. Anders als für bestimmte schwer­wie­gende Verfahrens­fehler – wie etwa das vollständige Fehlen einer UVP – sehe das nationale Recht keine Ab­wei­chung von diesem Grundsatz vor und eine solche sei auch europa­rechtlich nicht ge­boten. 

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das Gericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Be­deutung zugelassen. Die Klägerin kann dementsprechend binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils Berufung einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde. 

Aktenzeichen: 4 K 2130/16