Der für den 10. Dezember 2017 anlässlich des 50. Hagener Weihnachtsmarktes vorgesehene verkaufsoffene Sonntag in der Hagener Innenstadt kann stattfinden. Einen Antrag der Gewerkschaft ver.di, im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festzustellen, dass Verkaufsstellen in der Hagener Innenstadt an diesem Tag nicht geöffnet haben dürfen, hat die 1. Kammer des Verwaltungs­gerichts Arnsberg mit Beschluss vom 8. Dezember 2017 abgelehnt.

Der arbeitsfreie Sonntag wird vom Grundgesetz ausdrücklich geschützt. Das Ladenöffnungsgesetz und das Grundgesetz erlauben keine verkaufsoffenen Sonntage nur zu dem Zweck, dem ortsansässigen Handel einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Als eine Ausnahme vom verfassungsrechtlich verankerten Sonntagsschutz sind im Ladenöffnungsgesetz pro Verkaufsstelle jährlich höchstens vier Ladenöffnungen an Sonn- und Feiertagen aus Anlass von örtlichen Festen oder Märkten zugelassen. Dabei muss aber die öffentliche Wirkung der jeweils anlassgebenden Veranstaltung gegenüber der Ladenöffnung im Vordergrund stehen. Die für die Ladenöffnung vorgesehenen Tage werden durch eine ordnungsbehördliche Verordnung freigegeben. Vor deren Erlass hat der Rat der Stadt bzw. Gemeinde eine belastbare und nachvollziehbare Prognose dahingehend anzustellen, dass der Besucherstrom, den das örtliche Fest bzw. der örtliche Markt für sich genommen auslösen würde, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen der Öffnung der Verkaufsstellen kämen.

Dabei ist die Besucherrelation ein Kriterium, das zwar in der Regel, aber nicht stets ausschlaggebend dafür ist, ob die öffentliche Wirkung der Veranstaltung oder die typisch werktägliche Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund steht. Wie das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in einem aktuellen Beschluss vom 7. Dezember 2017 entschieden hat, kann auch ein Weihnachtsmarkt einen hinreichenden Anlass für eine Ausnahme von der grundsätzlich gebotenen Sonn- und Feiertagsruhe darstellen, sofern er sich durch Besonderheiten auszeichnet, die ihn in der öffentlichen Wirkung als vorrangig gegenüber der Sonntagsöffnung erscheinen lassen. Solche Besonderheiten können insbesondere in der Eigenart der Veranstaltung oder des Veranstaltungsorts, im Veranstaltungstermin oder in spezifischen Verhältnissen der Gemeinde liegen. Ist eine derartige prägende Wirkung des Weihnachtsmarktes zu verzeichnen, ist es auch nicht entscheidend, ob das zu erwartende Besucheraufkommen in erster Linie durch den Weihnachtsmarkt selbst oder durch die sonntägliche Ladenöffnung ausgelöst wird.

Dieser obergerichtlichen Rechtsprechung schließt sich auch die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg an. Sie führt in ihrem Beschluss vom 8. Dezember 2017 aus, dass die im Vorfeld des Erlasses der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Regelung besonderer Öffnungszeiten für den Stadtteil Hagen-Mitte erstellte Besucherprognose für den 10. Dezember 2017 zwar vollkommen unzulänglich und ein in erster Linie durch den Weihnachtsmarkt ausgelöstes Besucheraufkommen am fraglichen Tag auch nicht offensichtlich sei, hält den Hagener Weihnachtsmarkt gleichwohl für einen hinreichenden Anlass, eine Ausnahme von der grundsätzlich gebotenen Sonn- und Feiertagsruhe zuzulassen. Schon die zeitliche Dauer des vom 23. November bis zum 23. Dezember 2017 in diesem Jahr zum fünfzigsten Mal stattfindenden Weihnachtsmarktes spreche für einen Annexcharakter der lediglich einmaligen Sonntagsöffnung. Das Angebot des sich über mehrere zentrale Straßenabschnitte im Innenstadtbereich erstreckendenden und 88 Stände und Fahrgeschäfte ausweisenden Weihnachtsmarktes zeichne sich durch ein umfangreiches Begleitprogramm und weitere Attraktionen – z.B. ein Riesenrad und ein Kulturprogramm mit Live-Musik – aus. Letzteres umfasse am 10. Dezember 2017 u.a. den Auftritt eines Drehorgelorchesters und einer Big Band. Ein solcher Weihnachtsmarkt erscheine nicht zuletzt wegen der ihm immanenten Bindung an die Adventszeit und die durch ihn hervorgerufenen Sinneseindrücke (Lichter, Gerüche und weihnachtliche Musik) in spezifischer Weise geeignet, die innerstädtische Atmosphäre und damit den Charakter des Sonntags in besonderer Weise zu prägen.

Die danach prägende Wirkung des 50. Weihnachtsmarktes werde auch durch die räumliche Ausdehnung der Sonntagsöffnung nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Denn Letztere sei nach der am 9. Dezember 2017 – und damit noch rechtzeitig vor dem geplanten verkaufsoffenen Sonntag – in Kraft tretenden Ordnungsbehördlichen Verordnung auf den Kernbereich der Hagener Innenstadt – und somit auf das unmittelbare Umfeld des Weihnachtsmarktes – beschränkt.

Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen möglich.

Aktenzeichen: 1 L 3029/17