Mit nunmehr veröffentlichtem Urteil vom 21. April 2023 hat die 12. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg entschieden, dass die am 13. September 2020 durchgeführte Wahl zur Stadtverordnetenversammlung der Stadt Attendorn gültig ist.

Am Wahltag waren in einem Wahllokal in Attendorn bis zur Mittagszeit an 57 Wahlberechtigte lediglich die drei Stimmzettel für die Wahlen zum Kreistag, des Landrates sowie des Bürgermeisters ausgegeben, die Stimmzettel für die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung hingegen nicht ausgehändigt worden. Bis zur Schließung der Wahllokale gaben 52 Wahlberechtigte ihre Stimme zur Stadtverordnetenversammlung noch ab. Von den fünf Personen, die nicht erneut ins Wahllokal gegangen sind, hatten zwei Wahlberechtigte gegenüber einer Mitarbeiterin der Stadt Attendorn, die über den aufgetretenen Fehler informiert und einen Fahrdienst ins Wahllokal angeboten hatte, ausdrücklich erklärt, nicht mehr wählen zu wollen. Sofern die anderen drei Wahlberechtigten noch gewählt und alle ihre Stimmen für Bündnis 90/Die Grünen abgegeben hätten, hätten Bündnis 90/Die Grünen einen weiteren Sitz in der Stadtverordnetenversammlung erhalten, während die CDU auf einen Sitz hätte verzichten müssen.

Obwohl mit Blick auf diese drei Stimmen ein Wahlfehler vorliegt, ist die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung Attendorn dennoch gültig. Denn eine Wahl ist nur dann für ungültig zu erklären, wenn bei der Wahlhandlung Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind, die im jeweiligen Einzelfall auf das Wahlergebnis im Wahlbezirk oder auf die Zuteilung der Sitze aus der Reserveliste von entscheidendem Einfluss gewesen sein können. Es muss nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine konkrete und nicht ganz fern liegende Wahrscheinlichkeit für die Möglichkeit einer Beeinflussung bestehen. Dies war in Attendorn jedoch nicht der Fall. Das Gericht unterstellt bei seiner Prüfung, ob bei Abgabe der hier fehlenden Stimmen eine Veränderung der Sitzverteilung in Betracht gekommen wäre, dass der vermeintlich benachteiligte Wahlbewerber bei den betroffenen Wählern einen seinem besten Wahlergebnis in der Gemeinde vergleichbaren Erfolg gehabt hätte. Bündnis 90/Die Grünen haben bei der Stadtverordnetenwahl Attendorn im Jahr 2020 in ihrem stärksten Wahlbezirk (nur) 17,66 % der abgegebenen Stimmen erreicht. Dies entspricht – bei hypothetischer Hochrechnung bezogen auf drei Stimmen – einem Anteil von 0,53. Damit wäre allenfalls anzunehmen, dass maximal eine der in Rede stehenden drei Stimmen auf Bündnis 90/Die Grünen entfallen wäre. Mit nur einer Stimme hätte Bündnis 90/Die Grünen aber keinen weiteren Sitz in der Stadtverordnetenversammlung erringen können. Die Stadtverordnetenversammlung Attendorn ist nun gehalten, die Wahl in dem betroffenen Stimmbezirk in einem Wahlprüfungsbeschluss für gültig zu erklären.

Gegen das Urteil kann ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden, über den das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheiden würde.

 

Aktenzeichen: 12 K 3694/20