Auch im Jahr 2015 ist es dem Verwaltungsgericht Arnsberg gelungen, zeitnahen und effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Dieses positive Fazit zog der Präsident des Gerichts, Jürgen Jaenecke, beim heutigen Jahrespressegespräch.

Die Bemühungen, die Verfahren zügig abzuschließen, sind weiterhin erfolgreich. In 2015 konnten die Verfahrenslaufzeiten trotz der Zunahme der Eingänge um rund 13 % im Wesentlichen beibehalten werden. Mit durchschnittlich 8,6 Monaten (Klageverfahren) bewegen sie sich etwa im Landesdurchschnitt (8,8 Monate). Entsprechendes gilt für die Laufzeiten der Eilverfahren (durchschnittlich 1,3 Monate wie im Landesdurchschnitt). Soweit erforderlich, wird in den Eilverfahren auch wesentlich schneller, unter Umständen noch am Tag der Antragstellung, entschieden.

Aufgrund deutlich gesteigerter Erledigungen ist es dem Gericht gelungen, dem Anstieg der Eingänge und dem damit verbundenen Anstieg des Anhangs der am Ende des Jahres nicht erledigten Verfahren entgegenzuwirken; durch gemeinsame Anstrengungen konnte der Anstieg des Anhangs auf rund 2,4 % begrenzt werden.

Der weitaus größte Teil der Rechtsstreitigkeiten wird beim Verwaltungsgericht Arnsberg nach wie vor einvernehmlich und nicht durch Urteil beendet. Auf diese sogenannten nichtstreitigen Erledigungen wird beim Verwaltungsgericht Arnsberg seit langem großer Wert gelegt. Zu einer einvernehmlichen Beilegung kommt es vielfach in einem Erörterungstermin, nach gerichtlichen Hinweisen im Vorfeld einer Verhandlung oder auch im Verlauf der mündlichen Verhandlung vor der Einzelrichterin beziehungsweise dem Einzelrichter oder vor der Kammer. Dabei gehen die Richterinnen und Richter häufig nicht nur auf die Rechtslage, sondern auch auf die weitergehenden Interessen und Motive der Beteiligten ein. Auf diese Weise gelingt es beim Verwaltungsgericht Arnsberg seit vielen Jahren, so auch 2015, 75 % aller Klagen ohne eine streitige Entscheidung, also ohne Urteil oder Gerichtsbescheid, abzuschließen. Dies ermöglicht es, die Verfahrenslaufzeiten in den Klageverfahren, die durch Urteil entschieden werden müssen, mit rund 12 Monaten relativ konstant zu halten.

Wie den Medien entnommen werden konnte, erreichte die Zuwanderung in 2015 mit über einer Million Menschen einen historischen Höchststand. Wenn auch ein großer Teil dieser Menschen noch nicht im System des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erfasst ist, kann festgestellt werden, dass trotz der Organisationsschwierigkeiten des BAMF die Entscheidungen über die Asylanträge und damit auch die gerichtlichen Asylverfahren beim Verwaltungsgericht Arnsberg deutlich zugenommen haben – und weiter zunehmen.

Jahr Eingänge in Asylverfarhen Veränderung in % gegenüber dem Vorjahr Hauptherkunftsländer
2015 2841 rund 31 % Ehemaliges Jugoslawien 1058

Albanien 336

Syrien 320

2016 3968 rund 40 % Ehemaliges Jugoslawien 936

Albanien 568

Syrien 708

 

Dieser Trend wird sich mit Blick auf

die Vielzahl der beim BAMF noch nicht registrierten Personen,

  • die beim BAMF noch anhängigen Asylverfahren,
  • den weiterhin relativ hohen Zustrom von potentiellen Asylbewerbern (nach Mitteilung des BAMF allein von Januar bis einschl. April 2016 rd. 190.000 neue Zugänge von Asylsuchenden im EASY-System registriert, schon fast genauso viele wie im gesamten Jahr 2014 an Asylanträgen zu verzeichnen waren – 203.000) und
  • die Erhöhung der Entscheiderkapazitäten beim BAMF

weiter verstärken.

Eine aktuelle Besonderheit sind in diesem Zusammenhang die aufgrund der Organisationsschwierigkeiten des BAMF in steigendem Maße bei Gericht eingehenden sogenannten Untätigkeitsklagen von Personen, die trotz monatelangen Aufenthalts in Deutschland noch nicht beim BAMF im EASY-System registriert worden sind, oder beim BAMF trotz Registrierung noch keinen Asylantrag stellen konnten, oder nach Registrierung und Asylantragstellung noch auf ihre Anhörung beim BAMF warten. In 2016 sind seit der gesonderten Zählung dieser Verfahren beim Verwaltungsgericht Arnsberg insgesamt 540 Untätigkeitsklagen eingegangen; Hauptherkunftsländer sind Syrien (439 Verfahren), der Irak (62 Verfahren) und Eritrea (7 Verfahren).

Der steigenden Belastung durch den Anstieg der Asylverfahren hat die Landesregierung frühzeitig durch den 2. Nachtragshaushalt 2015 Rechnung getragen und für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vorübergehend 22 neue Richterstellen geschaffen. Hiervon entfielen 3 Stellen auf das Verwaltungsgericht Arnsberg. Diese Stellen sind bereits mit Proberichtern besetzt worden, die nach Ablauf von 6 Monaten als Einzelrichter in Asylverfahren und nach weiteren 6 Monaten auch als Einzelrichter in den übrigen Rechtsgebieten tätig werden können.

Eine weitere Verstärkung sowohl im richterlichen als auch im nichtrichterlichen Bereich erfolgte durch den 3. Nachtragshaushalt 2015, aufgrund dessen die Verwaltungsgerichtsbarkeit vorübergehend mit 37 Richterstellen, 4 Stellen im gehobenen, 27 Stellen im mittleren Dienst und 8 Stellen im einfachen Dienst verstärkt worden ist. Von den 37 Richterstellen soll ein Großteil durch Abordnungen von Richtern aus anderen Gerichtsbarkeiten besetzt werden; zur Zeit laufen die diesbezüglichen Sondierungen einschließlich der Klärung, welches Gericht in welchem Umfang personell unterstützt werden soll. Im nichtrichterlichen Bereich konnten beim Verwaltungsgericht Arnsberg insgesamt 3 weitere Mitarbeiterinnen eingestellt und in 7 Fällen bestehende Arbeitsverträge aufgestockt werden.

Die Zahl der im Verwaltungsgericht Arnsberg beschäftigten Personen ist damit seit Jahren erstmals wieder angestiegen. Waren es am Jahreswechsel 2014/2015 nur noch 96 MItarbeiter, sind es nunmehr 99. Die Zahl der Richterinnen und Richter ist im Vergleichszeitraum von 41 auf 44 gestiegen. Der Anteil der Richterinnen beträgt mittlerweile 38,6 %.

Auf dem in der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen eingeschlagenen Weg hin zur elektronischen Akte ist das Verwaltungsgericht Arnsberg weitergekommen. Wurde bislang schon parallel zur Gerichtsakte in Papierform eine digitale Zweitakte vorgehalten, übersendet nunmehr das BAMF in den Asylverfahren auch die dort elektronisch geführte Verwaltungsakte auf elektronischem Weg an das Gericht. Darüber hinaus wird in 2 Kammern des Verwaltungsgerichts eine teilautomatisierte elektronische Vorgangsbearbeitung pilotweise erprobt; eine Ausweitung wird angestrebt.

Im Rahmen des Pressegesprächs wurde eine Reihe der im letzten Jahr abgeschlossenen Verfahren vorgestellt, welche die Vielfalt der an das Gericht herangetragenen Streitigkeiten illustrieren, und ein Ausblick auf die 2016 zur Bearbeitung anstehenden Fälle gegeben. Hierzu wird auf die Homepage des Gerichts (www.vg-arnsberg.nrw.de/Presse/Pressemitteilungen/Pressegespräch am 8. Juni 2016: Zusammenstellung der im Einzelnen vorgestellten Verfahren) verwiesen.