Der anlässlich der Himmelfahrtskirmes am 28. Mai 2017 vorgesehene verkaufsoffene Sonntag in der Wittener Innenstadt kann stattfinden. Einen Antrag der Gewerkschaft ver.di, im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festzustellen, dass hiervon betroffene Verkaufsstellen nicht geöffnet haben dürfen, hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg mit Beschluss vom 23. Mai 2017 abgelehnt.

Der arbeitsfreie Sonntag wird vom Grundgesetz ausdrücklich geschützt. Das Ladenöffnungsgesetz und das Grundgesetz erlauben keine verkaufsoffenen Sonntage nur zu dem Zweck, dem ortsansässigen Handel einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Als eine Ausnahme vom verfassungsrechtlich verankerten Sonntagsschutz sind im Ladenöffnungsgesetz pro Verkaufsstelle jährlich höchstens vier Ladenöffnungen an Sonn- und Feiertagen aus Anlass von örtlichen Festen oder Märkten zugelassen. Dabei muss aber die öffentliche Wirkung der jeweils anlassgebenden Veranstaltung gegenüber der Ladenöffnung im Vordergrund stehen. Die für die Ladenöffnung vorgesehenen Tage werden durch eine ordnungsbehördliche Verordnung freigegeben. Vor deren Erlass hat der Rat der Stadt bzw. Gemeinde eine belastbare und nachvollziehbare Prognose dahingehend anzustellen, dass der Besucherstrom, den das örtliche Fest bzw. der örtliche Markt für sich genommen auslösen würde, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen der Öffnung der Verkaufsstellen kämen. Des Weiteren ist in Betracht zu ziehen, ob die Freigabe auf bestimmte Bezirke oder Ortsteile des Stadt- bzw. Gemeindegebietes zu beschränken ist.

Diesen Anforderungen wird die maßgebliche Bestimmung in der Ordnungsbehördlichen Verordnung der Stadt Witten vom 11. Mai 2017 über das Offenhalten von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen hinsichtlich des zur Beurteilung stehenden Termins im Ergebnis gerecht. Das Gericht hat in seiner Entscheidung insoweit ausgeführt, es trete offen zu Tage, dass die jährlich stattfindende Himmelfahrtskirmes für den öffentlichen Charakter des betroffenen Sonntags prägend sein werde, weil sie selbst einen beträchtlichen Besucherstrom auslöse, der die Zahl der Besucher bei alleiniger Ladenöffnung übersteige. Es erscheine aufgrund der von der Stadt Witten für ihre Prognose angeführten Zahlen zu Passantenmessungen aus dem Jahr 2016 offensichtlich, dass die Kirmes einen hinreichenden Anlass für die Sonntagsöffnung der Geschäfte in den angrenzenden Straßen der Wittener Innenstadt darstelle. Sowohl gegenüber anderen verkaufsoffenen Sonntagen des Jahres 2016 als auch gegenüber durchschnittlichen Samstagen im Mai 2016 sei bei der letztjährigen – noch ohne verkaufsoffenen Sonntag durchgeführten – Himmelfahrtskirmes eine deutlich höhere Besucherzahl zu verzeichnen gewesen.

Auch hinsichtlich der räumlichen Gegebenheiten werde die prägende Wirkung der Himmelfahrtskirmes jedenfalls im Ergebnis nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. In den räumlichen Grenzen, die in der Verordnung des Rates der Stadt Witten vom 11. Mai 2017 vorgesehen seien, erweise sich die Ladenöffnung als bloßer Annex zur anlassgebenden Veranstaltung. Denn sie beschränke sich auf den Kernbereich der Wittener Innenstadt und damit auf das unmittelbare Umfeld der Kirmes, auf das eine Ausstrahlungswirkung der Kirmes aufgrund der prognostizierten Besucherzahlen zu erwarten sei. Die im Wege einer Dringlichkeitsentscheidung vom Hauptausschusses anstelle vom Rat der Stadt Witten erlassene Änderungsverordnung vom 22. Mai 2017 sei für das gerichtliche Verfahren unbeachtlich. Die Änderungsverordnung sei unwirksam, weil die Voraussetzungen für eine Dringlichkeitsentscheidung nicht gegeben seien.

Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen möglich.

Aktenzeichen: 1 L 1446/17