Am Sonntag, dem 2. September 2018, dürfen die Geschäfte in Kreuztal anlässlich des „38. Kreuztaler Weindorfes“ nicht geöffnet sein. Dies hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg auf Antrag der Gewerkschaft ver.di mit Beschluss vom 28. August 2018 im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festgestellt.

Der arbeitsfreie Sonntag wird vom Grundgesetz ausdrücklich geschützt. Das Ladenöffnungsgesetz und das Grundgesetz erlauben keine verkaufsoffenen Sonntage nur zu dem Zweck, dem ortsansässigen Handel einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Als eine Ausnahme vom verfassungsrechtlich verankerten Sonntagsschutz dürfen an  jährlich höchstens acht, nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Sonn- oder Feiertagen Verkaufsstellen im öffentlichen Interesse ab 13 Uhr bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein. Das Ladenöffnungsgesetz enthält in § 6 Abs. 1 Satz 2 einen nicht abschließenden Katalog von Fällen, in denen ein öffentliches Interesse vorliegt. Hierunter kann eine Ladenöffnung im Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen (Nr. 1), zum Zweck des Erhalts, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebotes (Nr. 2) oder zentraler Versorgungsbereiche (Nr. 3) sowie eine Ladenöffnung fallen, die der Belebung der Innenstädte, Ortskerne, Stadt- oder Ortsteilzentren dient (Nr. 4). Ausnahmen vom Sonn- und Feiertagsschutz bedürfen jedoch – nach wie vor – eines rechtfertigenden Sachgrundes und müssen als solche für die Öffentlichkeit erkennbar bleiben. Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse potenzieller Käufer genügen zur Rechtfertigung eines verkaufsoffenen Sonn- oder Feiertags nicht. Ob ein dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag genügender Sachgrund für die beabsichtigte sonn- oder feiertägliche Ladenöffnung besteht, ist von der zuständigen Ordnungsbehörde festzustellen. Dazu muss diese anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls prüfen und nachvollziehbar begründen, ob einer der in § 6 Abs. 1 Satz 2 des Ladenöffnungsgesetzes aufgezählten Sachgründe tatsächlich vorliegt und – gegebenenfalls in Kombination mit anderen – hinreichend gewichtig ist, um die konkrete Ladenöffnung – auch hinsichtlich ihres räumlichen Geltungsbereichs – zu rechtfertigen.

Gemessen hieran ist die Freigabe der Verkaufsstellenöffnung in dem von der Ordnungsbehördlichen Verordnung zum Offenhalten von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen im Stadtgebiet der Stadt Kreuztal im Jahr 2018 vom 13. Juli 2018 erfassten Bereich am Sonntag, dem 2. September 2018, bei summarischer Prüfung offensichtlich nicht im öffentlichen Interesse gerechtfertigt.

Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich ein die Verkaufsöffnung rechtfertigendes öffentliches Interesse zunächst nicht aus der Veranstaltung „38. Kreuztaler Weindorf“, die in der Zeit vom 31. August 2018 bis zum 2. September 2018 auf dem Roten Platz (Marktplatz) sowie im Einkaufszentrum Mitte „Unterm Glasdach“ stattfindet. Denn der Bereich, nach dem nach der vorbenannten Ordnungsbehördlichen Verordnung die Ladenöffnung am 2. September 2018 gestattet sein soll, geht schon räumlich nicht unerheblich über den Veranstaltungsort hinaus. Auch aus der Resonanz, die das Weinfest nach der Prognose der Stadt Kreuztal am Sonntag finden wird, und dem Umstand, dass die Besucher die Parkplätze zweier großer Einzelhandelsgeschäfte und eines weiteren Einkaufszentrums nutzen dürfen, um das Weinfest zu besuchen, folgt kein die beabsichtigte Sonntagsöffnung rechtfertigender Grund. Denn mit einer erwarteten Zahl von 6.000 Weinfest-Besuchern am Sonntag erreicht die Veranstaltung aus Sicht der Kammer nicht eine solche Größenordnung, die es gerechtfertigt erscheinen lässt, ohne Weiteres von einer veranstaltungsbedingten Prägung auch der Parkflächen und der Zugangswege auszugehen.

Die Kammer führt in ihrer Entscheidung ferner aus, die Stadt Kreuztal habe auch keine in der konkreten Situation des örtlichen Einzelhandels begründeten und im gesamten Bereich der erlaubten Verkaufsstellenöffnung gegebenen besonderen Umstände geltend gemacht, die eine Ladenöffnung im Interesse des Erhalts, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebotes rechtfertigen könnten. In der hierauf bezogenen Argumentation komme lediglich das bloße Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber zum Ausdruck, das jedoch nicht geeignet ist, ein öffentliches Interesse für die Sonntagsöffnung zu begründen.

Die Verkaufsstellenöffnung in dem nach der Ordnungsbehördlichen Verordnung der Stadt Kreuztal freigegebenen Bereich ist nach Auffassung der Kammer auch nicht zum Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche oder zur Belebung der Innenstädte, Ortskerne, Stadt- oder Ortsteilzentren gerechtfertigt. Denn diese könne allenfalls Auswirkungen auf die Innenstadt des Stadtteils Kreuztal haben, nicht aber auf die von der Ordnungsbehördlichen Verordnung ebenfalls erfassten Bereiche außerhalb der Innenstadt.

Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen möglich.

Aktenzeichen: 1 L 1211/18