Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18. Dezember 2018 den Hochsauerlandkreis dazu verpflichtet, einer Windpark-Investorin einen positiven immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid für die Errichtung und den Betrieb von fünf Windenergieanlagen in Sundern-Allendorf zu erteilen, weil der der Antragsablehnung zu Grunde liegende Teilflächennutzungsplan „Windenergie“ der Stadt Sundern unwirksam ist.

Im Februar 2016 ersuchte die Klägerin den Hochsauerlandkreis um die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des von ihr geplanten Vorhabens und bat dabei um Beantwortung der Frage, ob der geplanten Errichtung und dem Betrieb eines Windparks in Sundern-Allendorf eine planerische Ausschlusswirkung entgegen stünde. Die Klägerin führte dazu aus, der maßgebliche Flächennutzungsplan der Stadt Sundern aus dem Jahr 2015 enthalte keine Konzentrationszonen für Windenergieanlagen. Die Stadt Sundern habe zwar die Aufstellung eines Teilflächennutzungsplans „Windenergie“ beschlossen, doch sei noch unklar, welche Flächen als Konzentrationsflächen ausgewiesen würden. Im Februar 2017 beschloss der Rat der Stadt Sundern den Teilflächennutzungsplan „Windenergie“ und wies in diesem drei Gebiete als Konzentrationsflächen für Windenergie aus; dabei liegen sämtliche festgesetzten Flächen weitestgehend in einem im Landschaftsplan „Sundern“ festgesetzten Landschaftsschutzgebiet. Die von der Klägerin als Standort für den geplanten Windpark angedachte Fläche in Sundern-Allendorf liegt nicht innerhalb einer der als Konzentrationsflächen festgesetzten Gebiete. Auf die nach Ablehnung des Antrags aus Februar 2016 erhobene Klage hat das Gericht den Hochsauerlandkreis nunmehr dazu verpflichtet, der Klägerin den begehrten Vorbescheid zu erteilen.

Die Voraussetzungen für eine Erteilung des Vorbescheids sind hier erfüllt, da die Ausweisung der Konzentrationsflächen im dem Teilflächennutzungsplan „Windenergie“ der Stadt Sundern keine planerische Ausschlusswirkung für Windenergieanlagen an den von der Klägerin vorgesehenen Standorten entfaltet. Denn der Teilflächennutzungsplan ist nicht vollzugsfähig, weil seiner Verwirklichung auf Dauer beziehungsweise absehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen.

Die bauplanungsrechtlichen Vorschriften bieten der Gemeinde die Möglichkeit, Windenergieanlagen in ihrem Gemeindegebiet auf bestimmte Standorte zu konzentrieren. Die Ausweisung von Konzentrationszonen für Windkraft hat dabei aber die regelhafte Unzulässigkeit von Windenergieanlagen im übrigen Außenbereich der Gemeinde zur Folge. Der Ausschluss von Windenergieanlagen auf Teilen des Gemeindegebiets lässt sich daher nur rechtfertigen, wenn die Gemeinde sicherstellt, dass sich die betreffenden Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, denn der Errichtung von Windenergieanlagen in den von der Stadt Sundern ausgewiesenen Konzentrationszonen steht im Grundsatz entgegen, dass diese weitestgehend in einem Landschaftsschutzgebiet liegen, in dem die Errichtung baulicher Anlagen verboten ist.

Zwar kann die zuständige Naturschutzbehörde, die nicht bei der Gemeinde, sondern bei dem Landkreis angesiedelt ist, grundsätzlich Ausnahmen oder Befreiungen von dem Bauverbot in einem Landschaftsschutzgebiet erteilen. Im Rahmen der Aufstellung eines (Teil-)Flächennutzungsplans muss und darf die Gemeinde auch vorausschauend ermitteln und berücksichtigen, ob sich die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung für die von ihr geplante bauliche Nutzung abzeichnet, weil objektiv eine Ausnahme- oder Befreiungslage gegeben ist und der Überwindung der naturschutzrechtlichen Verbotsregelung auch sonst nichts entgegensteht. Andernfalls kann die Unwirksamkeit oder Nichtigkeit des Plans nur dadurch vermieden werden, dass die der konkreten Planung widersprechenden naturschutzrechtlichen Regelungen vor Abschluss des Planaufstellungsverfahrens durch die vollständige oder teilweise Aufhebung der Landschaftsschutzverordnung beziehungsweise des Landschaftsplans beseitigt werden. Letzteres vorliegend jedoch nicht geschehen.

Angesichts des Umstandes, dass alle von der Stadt Sundern geplanten Konzentrationsflächen für Windenergie flächendeckend von dem naturschutzrechtlichen Bauverbot im Landschaftsschutzgebiet erfasst werden, ist es aus Sicht der Kammer schon im Grundsatz fragwürdig, ob die Stadt Sundern mit dem Verweis auf im Einzelfall mögliche Befreiungen vom Bauverbot im einzelnen Genehmigungsverfahren hinreichend sicherstellen kann, dass sich die Windenergie gegenüber der konkurrierenden Landschaftsnutzung durchsetzt. Denn Befreiungen sind einzelfallbezogen und nicht dafür konzipiert, bauliche Anlagen flächendeckend zuzulassen.

Jedenfalls sei der Hochsauerlandkreis als untere Naturschutzbehörde aber nicht bereit, derartige Befreiungen für Planvorhaben in den von der Stadt Sundern ausgewiesenen Konzentrationszonen auszusprechen. Dies zeige sich an weiteren, vor Gericht seit Jahresbeginn anhängigen Klagen auf Zulassung von Windenergieanlagen über eine Befreiung vom Bauverbot in den im Teilflächennutzungsplan ausgewiesenen Konzentrationszonen.

Der Grundsatzkonflikt zwischen Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergie einerseits und Naturschutz und Landschaftsplanung andererseits sei deshalb durch Anpassung des Landschaftsplans zu lösen. Dies könne durch Herausnahme der für die Konzentrationszonen festgesetzten Flächen aus dem Geltungsbereich des Landschaftsplans beziehungsweise durch ihre Ausklammerung vom Bauverbot des Landschaftsplans vor Ausweisung der Konzentrationszonen geschehen. Dies sei vorliegend jedoch unterblieben. Statt dessen habe die Stadt Sundern vielmehr die von ihr befürworteten Konzentrationszonen trotz des offensichtlichen Umstandes ausgewiesen, dass eine Genehmigung von Windenergieanlagen auf behördlicher Ebene aller Voraussicht nach nicht erfolgen werde, und damit Flächen vorgesehen, auf denen es auf absehbare Zeit nicht zur Errichtung von Windenergieanlagen auf der Grundlage einzelfallbezogener Befreiungsentscheidungen kommen werde. Damit ist der Teilflächennutzungsplan „Windenergie“ der Stadt Sundern unwirksam.

Die Kammer hat die Berufung gegen das Urteil zugelassen, über welche das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheiden würde.


Aktenzeichen: 4 K 8500/17