Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25. Juni 2019 den Hochsauerlandkreis dazu verpflichtet, die Anträge einer Windpark-Investorin zur Errichtung und zum Betrieb von fünf Windenergieanlagen in Meschede-Freienohl und vier Anlagen in Meschede-Remblinghausen neu zu bescheiden, weil die der Antragsablehnung zu Grunde liegende Ausweisung einer Windkraftkonzentrationszone in Meschede-Einhaus unwirksam ist.
Im März 2016 beantragte die Klägerin bei dem Hochsauerlandkreis als zuständiger Genehmigungsbehörde die Erteilung von Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb von fünf beziehungsweise vier Windenergieanlagen an den vorbenannten Standorten. Beide geplanten Standorte liegen außerhalb der Windkraftkonzentrationszone in Meschede-Einhaus, welche die Stadt Meschede mit der 42. Änderung ihres Flächennutzungsplans im Jahr 2004 ausgewiesen hatte. Unter Verweis auf diese planungsrechtliche Entscheidung versagte die am Genehmigungsverfahren beteiligte Stadt Meschede ihr Einvernehmen mit der Genehmigungserteilung. Der Hochsauerlandkreis lehnte die Anträge mit Bescheiden vom 25. und 26. Juni 2018 ab und führte zur Begründung aus, die Genehmigung scheide wegen des zu Recht verweigerten Einvernehmens der Stadt Meschede aus. Die Vorhaben seien wegen der Ausschlusswirkung, die die Ausweisung der Windkraftkonzentrationszone in Meschede-Einhaus für das übrige Gemeindegebiet entfalte, planungsrechtlich unzulässig und die Anlagen könnten auch nicht ausnahmsweise außerhalb der Konzentrationszone zugelassen werden.
Auf die im Juli 2018 erhobenen Klagen hat das Gericht den Hochsauerlandkreis nunmehr – unter Ersetzung des im Genehmigungsverfahren versagten Einvernehmens der Stadt Meschede – zur Neubescheidung der Genehmigungsanträge verpflichtet, weil die Vorhaben nicht wegen wirksamer Konzentrationszonenausweisung an anderer Stelle des Stadtgebietes planungsrechtlich unzulässig sind und die darauf gestützte Versagung des gemeindlichen Einvernehmens rechtswidrig ist. Denn die Ausweisung einer Windenergiekonzentrationszone in Meschede-Einhaus ist unwirksam, weil die Bekanntmachung der 42. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Meschede rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genügt. An anders lautenden Ausführungen in einem im Dezember 2017 ergangenen Urteil hält die Kammer angesichts zwischenzeitlich ergangener obergerichtlicher Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Bekanntmachung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung ausweisenden Flächennutzungsplänen nicht mehr fest.
Windenergieanlagen können im planungsrechtlichen Außenbereich privilegiert zugelassen werden. Die bauplanungsrechtlichen Vorschriften bieten der Gemeinde die Möglichkeit, Windenergieanlagen in ihrem Gemeindegebiet auf bestimmte Standorte zu konzentrieren. Derartige Festsetzungen ergehen im Flächennutzungsplan der Gemeinde. Die Ausweisung von Konzentrationszonen für Windkraft hat dabei die regelhafte Unzulässigkeit von Windenergieanlagen im übrigen Außenbereich der Gemeinde zur Folge. Damit bestimmen die Darstellungen des Flächennutzungsplans insoweit auch Inhalt und Schranken des Eigentums an den Grundstücken, die nicht in den ausgewiesenen Konzentrationszonen liegen. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans besitzen somit die Qualität einer Rechtsvorschrift, was zur Folge hat, dass dies der Öffentlichkeit in einer Weise bekannt zu machen sind, die geeignet ist, dass sich die Betroffenen in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt verlässlich Kenntnis verschaffen können. Dazu gehört auch, dass der räumliche Geltungsbereich der Rechtsnormqualität aufweisenden Darstellungen hinreichend deutlich gemacht wird; dies ist bei der Ausweisung von Windenergiekonzentrationszonen grundsätzlich der gesamte Außenbereich des Gemeindegebietes. Zudem ist der Öffentlichkeit bei der Bekanntmachung einer Konzentrationszonenplanung hinreichend kenntlich zu machen, dass dem Flächennutzungsplan insofern der Charakter einer verbindlichen Rechtsnorm zukommt und sich diese Verbindlichkeit auf das gesamte Gemeindegebiet erstreckt. Dies umfasst neben einem hinreichend deutlichen Hinweis auf die Lage der Konzentrationsgebiete auch den Hinweis auf die mit der Ausweisung verbindlich einhergehende Ausschlusswirkung für Windenergieanlagen im übrigen Gemeindegebiet.
Hieran fehlt es jedoch bei der Bekanntmachung der 42. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Meschede. Denn dort wurde lediglich der Begriff der „Windkraftkonzentrationszone Einhaus“ verwendet, ohne dass die regelhafte Ausschlusswirkung etwa durch einen Hinweis auf die insofern einschlägige planungsrechtliche Vorschrift des § 35 Absatz 3 Satz 3 des Baugesetzbuches oder in sonstiger erläuternder Weise erfolgt wäre. Der Begriff der „Konzentrationszone“, der sich in den letzten Jahren in der Rechts- und Planungspraxis etabliert hat, im Gesetz jedoch nicht erwähnt wird, ist jedoch als solcher in diesem Sinne nicht ohne Weiteres verständlich. Zudem wird in einem zum Flächennutzungsplan zugehörigen Kartenausschnitt lediglich die engere Umgebung der Konzentrationszone dargestellt, was den erforderlichen Hinweis auf die gemeindeweite Ausschlusswirkung der Ausweisung ebenfalls konterkariert.
Die Kammer hat unabhängig hiervon aber auch beachtliche Abwägungsmängel bei der 42. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Meschede festgestellt.
Nach dem bauplanungsrechtlichen Abwägungsgebot sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen, zu denen auch der Flächennutzungsplan zählt, die öffentlichen und privaten Belange gegenseitig und untereinander gerecht abzuwägen. Bei der Planung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung verlangt das Abwägungsgebot die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich des Gemeindegebiets erstreckt. Die planerische Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Außenbereich von Windenergieanlagen freizuhalten. Dazu sind zunächst Zonen zu ermitteln, die sich für die Nutzung der Windenergie nicht eignen, weil die Errichtung entsprechender Anlagen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen ist (harte Tabuzonen), oder in denen – trotz grundsätzlicher Eignung für die Ausweisung – nach den städtebaulichen Vorstellungen der Gemeinde von vornherein keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollen (weiche Tabuzonen). Harte Tabuzonen scheiden kraft Gesetzes als Konzentrationszonen für die Windenergienutzung aus und sind so einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und sonstigen Belangen entzogen, weiche Tabuzonen sind hingegen in den Abwägungsvorgang einzustellen. Gegebenenfalls muss der Rat der Gemeinde auch die Einbeziehung von weichen Zonen in die Ausweisungsgebiete in Betracht ziehen, wenn nach seinem ursprünglichen Planungskonzept, welches maßgeblich von den von ihm aufzustellenden Kriterien für die Festlegung der weichen Tabuzonen geprägt ist, auf den nach Abzug von harten und weichen Tabuzonen verbleibenden Potenzialflächen des Gemeindegebietes für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum geschaffen ist.
Diese Vorgaben hat der Rat der Stadt Meschede bei der Aufstellung der 42. Änderung des Flächennutzungsplans nicht beachtet. Denn er hat zunächst zahlreiche groß- und kleinflächige Tabuzonen aus der Planung ausgenommen, ohne dass dabei eine Entscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen vorgenommen wurde. Hiermit fehlt es auch an einer tragfähigen Grundlage für die ebenfalls vom Rat zu treffende Entscheidung, ob der Windenergie mit der Planung im Gemeindegebiet hinreichend Raum gegeben wurde. Zugleich liegt nach Auffassung der Kammer auch ein Mangel im Abwägungsergebnis nahe, da mit der erfolgten Ausweisung von nur einer einzigen Konzentrationszone von knapp 20 Hektar, die Raum für vier Windenergieanlagen bietet, dem Erfordernis der hinreichenden Ermöglichung von Windenergienutzung im Gemeindegebiet wohl kaum Rechnung getragen worden sein dürfte.
Die fehlende Belegenheit in einer von der Stadt Meschede wirksam ausgewiesenen Windenergiekonzentrationszone kann den Genehmigungsanträgen der Klägerin damit nicht entgegen gehalten werden. Jedoch waren die weiteren Genehmigungsvoraussetzungen, wie etwa die Auswirkungen der geplanten Vorhaben auf Fauna und Flora, bislang noch nicht geprüft worden und werden nunmehr Gegenstand des vom Hochsauerlandkreis als Genehmigungsbehörde fortzuführenden Genehmigungsverfahrens sein.
Gegen die Urteile kann die Zulassung der Berufung beantragt werden, über welche das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu entscheiden hätte.
Aktenzeichen: 4 K 3157/18 und 4 K 3158/18