Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25. Juni 2019 den Hochsauerlandkreis dazu verpflichtet, die Anträge von Windpark-Investorinnen zur Errichtung und zum Betrieb von insgesamt sechs Windenergieanlagen bei Olsberg-Antfeld und sieben Anlagen bei Olsberg-Wulmeringhausen neu zu bescheiden, weil die der Antragsablehnung zu Grunde liegende Ausweisung einer Windkraftkonzentrationszone am Knechtsberg nördlich der Ortschaft Antfeld unwirksam ist.

Die Stadt Olsberg hatte im Januar 2003 die 26. Änderung ihres Flächennutzungsplans beschlossen und dabei in ihrem nördlichen Stadtgebiet eine einzige 9 Hektar große Konzentrationszone für Windenergie am Knechtsberg bei Antfeld ausgewiesen. Der Kartenausschnitt der Planurkunde bildete die Konzentrationszone Knechtsberg und die unmittelbar angrenzenden Bereiche des Stadtgebietes von Olsberg ab. Als Geltungsbereich der 26. Änderung war auf der Planurkunde „das gesamte Stadtgebiet im Sinne der Ausschlusswirkung gemäß § 35 Absatz 3 Satz 3“ angegeben. Die Konzentrationszone zur Windenergienutzung war mit einer maximalen Gesamthöhe der Windkraftanlagen dargestellt. In dem Plan waren zudem vier textliche Darstellungen „mit gestalterischen Leitlinien zur Sicherstellung eines einheitlichen und an die umgebenden Strukturen des Sauerlandes angepassten Erscheinungsbildes“ enthalten. Die Ende März ergangene Genehmigung des Plans seitens der Bezirksregierung Arnsberg machte die Stadt Olsberg unter Angabe des Gegenstandes „26. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Olsberg im Stadtteil Antfeld (Vorrangfläche für Windenergieanlagen)“ in ihrem Amtsblatt vom 7. April 2003 bekannt.

Parallel zum Änderungsverfahren hatte der Rat der Stadt Olsberg schon im Juli 2002 die Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes beschlossen. In zwei Sitzungen im April und Juli 2004 stimmte er über im Rahmen der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs eingereichte Anregungen ab. Der Flächennutzungsplan wurde in der Ratssitzung vom 23. September 2004 beschlossen. Als einzige Windenergiekonzentrationszone im Stadtgebiet  war weiterhin die vorbenannte 9 Hektar große Zone nördlich der Ortschaft Antfeld mit einer Gesamthöhenbeschränkung für Windenergieanlagen von 100 m dargestellt. Die am 12. November 2004 erteilte Genehmigung der Bezirksregierung Arnsberg machte die Stadt Olsberg am 17. November 2004 in ihrem Amtsblatt bekannt; ein Hinweis auf die Ausweisung einer Konzentrationszone und eine Karte mit Darstellung der Konzentrationszone Antfeld waren nicht beigefügt.

Am 24. Oktober 2013 beschloss der Rat der Stadt Olsberg die Neuaufstellung eines sachlichen Teilfächennutzungsplans Windenergie. Die potentiellen Suchräume haben eine Größe von 641 Hektar; hierzu zählt auch eine 226 Hektar große Fläche bei Antfeld.

Anträge auf Genehmigungen von Windenergieanlagen bei den Ortschaften Wulmeringhausen und Antfeld – wobei sich die geplanten Standorte bei Antfeld nicht innerhalb der ausgewiesenen Konzentrationszone befinden – aus den Jahren 2015 lehnte der Hochsauerlandkreis als zuständige Genehmigungsbehörde ab, nachdem die in das Genehmigungsverfahren eingeschaltete Stadt Olsberg jeweils das zur Genehmigungserteilung erforderliche gemeindliche Einvernehmen versagt hatte. Zur Begründung war im Wesentlichen jeweils ausgeführt, die Genehmigungserteilung scheide wegen des zu Recht verweigerten Einvernehmens der Stadt Olsberg aus. Die Vorhaben seien wegen der Ausschlusswirkung, die die Ausweisung der Windkraftkonzentrationszone in Olsberg-Antfeld für das übrige Gemeindegebiet entfalte, planungsrechtlich unzulässig und die Anlagen könnten auch nicht ausnahmsweise außerhalb der Konzentrationszone zugelassen werden.

Auf die in den Jahren 2017 und 2018 erhobenen Klagen der Investorinnen hat das Gericht nunmehr den Hochsauerlandkreis zur Neubescheidung der Genehmigungsanträge verpflichtet, weil die Vorhaben nicht wegen wirksamer Konzentrationszonenausweisung in einem Bereich des Stadtgebietes planungsrechtlich unzulässig sind und die darauf gestützte Versagung des gemeindlichen Einvernehmens rechtswidrig ist. Denn die Ausweisung einer Windenergiekonzentrationszone in Olsberg-Antfeld ist unwirksam und enthält damit keine Ausschlusswirkung für die Zulassung von Anlagen an Standorten außerhalb der ausgewiesenen Zone.  

Windenergieanlagen können im planungsrechtlichen Außenbereich privilegiert zugelassen werden. Die bauplanungsrechtlichen Vorschriften bieten der Gemeinde die Möglichkeit, Windenergieanlagen in ihrem Gemeindegebiet auf bestimmte Standorte zu konzentrieren. Derartige Festsetzungen ergehen im Flächennutzungsplan der Gemeinde. Die Ausweisung von Konzentrationszonen für Windkraft hat dabei die regelhafte Unzulässigkeit von Windenergieanlagen im übrigen Außenbereich der Gemeinde zur Folge. Damit bestimmen die Darstellungen des Flächennutzungsplans insoweit auch Inhalt und Schranken des Eigentums an den Grundstücken, die nicht in den ausgewiesenen Konzentrationszonen liegen. Die Darstellungen des Flächennutzungsplans besitzen somit die Qualität einer Rechtsvorschrift, was zur Folge hat, dass dies der Öffentlichkeit in einer Weise bekannt zu machen sind, die geeignet ist, dass sich die Betroffenen in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt verlässlich Kenntnis verschaffen können. Dazu gehört auch, dass der räumliche Geltungsbereich der Rechtsnormqualität aufweisenden Darstellungen hinreichend deutlich gemacht wird;  dies ist bei der Ausweisung von Windenergiekonzentrationszonen grundsätzlich der gesamte Außenbereich des Gemeindegebietes. Zudem ist der Öffentlichkeit bei der Bekanntmachung einer Konzentrationszonenplanung hinreichend kenntlich zu machen, dass dem Flächennutzungsplan insofern der Charakter einer verbindlichen Rechtsnorm zukommt und sich diese Verbindlichkeit auf das gesamte Gemeindegebiet erstreckt. Dies umfasst neben einem hinreichend deutlichen Hinweis auf die Lage der Konzentrationsgebiete auch den Hinweis auf die mit der Ausweisung verbindlich einhergehende Ausschlusswirkung für Windenergieanlagen im übrigen Gemeindegebiet.

Hieran fehlt es jedoch bei den Flächennutzungsplänen der Stadt Olsberg aus den Jahren 2003 und 2004. Bei der Bekanntmachung beider Pläne wurden die maßgeblichen Regelungen der seinerzeit noch anzuwendenden Bekanntmachungsverordnung aus August 1999 nicht eingehalten und die Bekanntmachungen genügten auch nicht den vorbenannten rechtsstaatlichen Anforderungen. Der dem Flächennutzungsplan 2003 beigefügte Kartenausschnitt stellt nicht den gesamten Außenbereich des Stadtgebietes Olsberg sondern nur die Konzentrationszone mit näherem Umfeld dar. Es war auch kein ausreichender Hinweis auf die damit für den übrigen Außenbereich verbundenen Rechtswirkungen vorhanden. Die verwendete Gegenstandsbezeichnung „26. Änderung des Flächennutzungsplanes der Stadt Olsberg im Stadtteil Antfeld (Vorrangfläche für Windenergieanlagen)“ erweckt den Eindruck, die Stadt habe lediglich im Wege einer Positivplanung eine Vorrangzone für Windenergie festgesetzt, der keine Ausschlusswirkung für das restliche Gemeindegebiet entfalte. Bei der Bekanntmachung des Plans aus dem Jahr 2004 hat die Stadt Olsberg es bei der bloßen Wiedergabe der Genehmigung der Bezirksregierung Arnsberg belassen, ohne auf die im Flächennutzungsplan dargestellte Konzentrationszone mit Ausschlusswirkung hinzuweisen. Es war auch kein Plan beigefügt, dem sich die räumliche Lage der Konzentrationszone oder die dargestellte Gesamthöhenbegrenzung hätte entnehmen lassen.

Die Kammer hat unabhängig hiervon aber auch beachtliche Abwägungsmängel bei dem im Jahr 2004 erlassenen Flächennutzungsplan festgestellt.

Nach dem bauplanungsrechtlichen Abwägungsgebot sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen, zu denen auch der Flächennutzungsplan zählt, die öffentlichen und privaten Belange gegenseitig und untereinander gerecht abzuwägen. Bei der Planung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung verlangt das Abwägungsgebot die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich des Gemeindegebiets erstreckt. Die planerische Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Außenbereich von Windenergieanlagen freizuhalten. Dazu sind zunächst Zonen zu ermitteln, die sich für die Nutzung der Windenergie nicht eignen, weil die Errichtung entsprechender Anlagen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen ist (harte Tabuzonen), oder in denen – trotz grundsätzlicher Eignung für die Ausweisung – nach den städtebaulichen Vorstellungen der Gemeinde von vornherein keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollen (weiche Tabuzonen). Harte Tabuzonen scheiden kraft Gesetzes als Konzentrationszonen für die Windenergienutzung aus und sind so einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und sonstigen Belangen entzogen, weiche Tabuzonen sind hingegen in den Abwägungsvorgang einzustellen. Gegebenenfalls muss der Rat der Gemeinde auch die Einbeziehung von weichen Zonen in die Ausweisungsgebiete in Betracht ziehen, wenn nach seinem ursprünglichen Planungskonzept, welches maßgeblich von den von ihm aufzustellenden Kriterien für die Festlegung der weichen Tabuzonen geprägt ist, auf den nach Abzug von harten und weichen Tabuzonen verbleibenden Potenzialflächen des Gemeindegebietes für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum geschaffen ist.

Diese Vorgaben hat der Rat der Stadt Olsberg bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans 2004 nicht beachtet. Er ist seiner Pflicht, im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses eine vollständige Erfassung, Bewertung und Abwägung aller von der Planung betroffenen Belange vorzunehmen, nicht gerecht geworden, sondern hat die Abwägung zeitlich gestaffelt vorgenommen, so dass die Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung vorgetragenen Einwendungen und die im Lauf der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs abgegebenen Stellungnahmen nicht zu dem allein maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses – hier am 23. September 2004 – untereinander und gegeneinander abgewogen werden konnten.

Zudem lag der Abwägung zu keinem Zeitpunkt das erforderliche schlüssige Gesamtkonzept zu Grunde. Die Stadt Olsberg hat bei der Planaufstellung nicht ausreichend zwischen harten und weichen Tabuzonen entschieden und zudem zu Unrecht Waldflächen, die immerhin 66 % des Stadtgebietes ausmachen, als hartes Tabukriterium behandelt. Denn die Errichtung von Windenergieanlagen in Waldgebieten dürfte auch unter Berücksichtigung der im Jahr 2004 einschlägigen landes- beziehungsweise regionalplanerischen Vorgaben nicht per se rechtlich unmöglich gewesen sein. Durch die Ausweisung nur einer Konzentrationszone von 9 Hektar wurde der Windenergie im Stadtgebiet außerdem offensichtlich kein substanzieller Raum verschafft.

Die fehlende Belegenheit in einer von der Stadt Olsberg wirksam ausgewiesenen Windenergiekonzentrationszone kann den Genehmigungsanträgen der Klägerinnen damit nicht entgegen gehalten werden. Jedoch waren die weiteren Genehmigungsvoraussetzungen, wie etwa Auswirkungen der geplanten Vorhaben auf Fauna und Flora, bislang noch nicht geprüft worden und werden nunmehr Gegenstand der vom Hochsauerlandkreis als Genehmigungsbehörde fortzuführenden Genehmigungsverfahren sein.

Gegen die Urteile kann die Zulassung der Berufung beantragt werden, über welche das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu entscheiden hätte.

Aktenzeichen: 4 K 9386/17, 4 K 21/18, 4 K 1339/18 und 4 K 2923/18