Die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg hat am 18. Mai 2020 im Hauptsacheverfahren entschieden, dass die drei Windenergieanlagen auf dem „Knippen“ in Freudenberg-Büschergrund rechtsfehlerfrei genehmigt worden sind und damit die Klage eines benachbarten Landwirtes abgewiesen.

Die im Klageverfahren beteiligte Windparkbetreiberin beantragte im Oktober 2014 beim Kreis Siegen-Wittgenstein die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Windräder, die am 27. August 2015 erteilt wurde. Gegen diese Genehmigung hat der Kläger am 9. August 2017 vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg Klage erhoben. Im Wesentlichen hat er seine Klage damit begründet, die Kreisverwaltung habe weder die allgemeine immissionsschutzrechtliche Vorprüfung des Einzelfalls noch die sog. Umweltverträglichkeitsprüfung zutreffend durchgeführt. Insbesondere sei der Artenschutz hinsichtlich der windenergiesensiblen Vogelarten sowie der Fledermausvorkommen am Standort vernachlässigt worden, genauso wie der Naturschutz. Auch er selbst sei durch Schattenwurf und Lärm der Anlagen sowie deren optisch erdrückende Wirkung in seinen Nachbarrechten verletzt.

Die Frage der Zulässigkeit des Betriebs der Windenergieanlagen während des noch laufenden Klageverfahrens war bereits Gegenstand mehrerer erstinstanzlich vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg und in der Beschwerdeinstanz vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen geführter einstweiliger Rechtsschutzverfahren, mit denen der Kläger den Weiterbau und Betrieb der Anlagen vorläufig verhindern wollte. Zuletzt hatte die 8. Kammer mit vorläufigem Beschluss vom 9. April 2020 - 8 L 1712/19 - entschieden, dass die Genehmigungsvoraussetzungen nunmehr vorlägen (vgl. hierzu die PM vom 9. April 2020).

Jetzt hat das Gericht auch in der Hauptsache geurteilt, dass die Genehmigung nicht zu beanstanden ist:

Nachdem der Kreis Siegen-Wittgenstein im Verlauf des Klageverfahrens Ergänzungen seiner Vorprüfung vorgenommen hatte, geht das Verwaltungsgericht jetzt davon aus, dass die Untersuchungen den Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) genügen:

Die möglichen Auswirkungen des Vorhabens auf den besonders geschützten Greifvogel Rotmilan seien durch die von einem unabhängigen Naturschutz-Fachgutachter im November 2019 erstellten Raumnutzungsanalysen hinreichend geklärt. Diesem Gutachten zufolge seien in einem Bereich von 1.000 Metern um die Anlagenstandorte, der für Schlaf- und Brutplätze des Rotmilans in den Blick zu nehmen ist, in den Jahren 2018 und 2019 keine besetzten Horste aufzufinden. Auch keine sonstigen relevanten Raumnutzungen durch die Vögel seien zu verzeichnen gewesen. Es sei daher ein erhöhtes Kollisionsrisiko der Tiere mit den Rotoren der Windräder nicht festzustellen.

Die Beurteilung der Genehmigungsbehörde, dass auch für den Schwarzstorch keine negativen Auswirkungen durch die Windenergieanlagen zu erwarten seien, ist aus Sicht des Gerichts ebenfalls nicht zu beanstanden. Ausweislich der mit Blick auf diese Vogelart erstellten Raumnutzungsanalysen wurden im Jahr 2018 20 Beobachtungstermine durchgeführt. Dabei wurden an vier Terminen Flugbewegungen festgestellt. An den übrigen 16 Terminen konnten überhaupt keine Aktivitäten nachgewiesen werden. Im Jahr 2019 seien 20 Beobachtungstermine angesetzt gewesen. Die dabei festgestellten Flugbewegungen hätten sich auf zwölf Termine verteilt. Dabei hätten die in 2018 beobachteten Überflüge allesamt im Westen der Anlagenstandorte außerhalb eines 1.000 Meter-Umkreises stattgefunden, im Jahr 2019 zu einem geringen Teil auch innerhalb dieses Radius.

Auch die Einschätzung der Genehmigungsbehörde, die Windkraftanlagen wirkten sich nicht nachteilig auf die Population des Haselhuhns aus, sei auf der Grundlage der gutachterlichen Aussagen zutreffend. Die entsprechenden Raumnutzungsanalysen seien zwar zu dem Ergebnis gekommen, dass sowohl nördlich als auch westlich des Windparks ganzjährig geeignete Lebensräume für das Haselhuhn existieren. Diese seien jedoch deutlich räumlich voneinander getrennt und wiesen keine Verbundstrukturen auf. Potenziell betroffen von den Windenergieanlagen sei daher lediglich der nördlich gelegene kleinere Siedlungsraum, welcher aufgrund seiner isolierten Lage nur ein geringeres Potenzial zur dauerhaften Besiedelung durch das Haselhuhn besitze. Zudem sei dieser Bereich infolge starken Publikumsverkehrs auf dem nahen Golfplatz und durch eine Wegeverbindung erheblichen Störungen ausgesetzt. Das Haselhuhn sei in diesem potenziellen Siedlungsgebiet auch nicht nachgewiesen worden.

In Bezug auf den Mäusebussard sei die Einschätzung des Beklagten, dass nachteilige Auswirkungen nicht zu erwarten seien, ebenfalls nachvollziehbar. Eine besondere Konzentration der Tiere am Standort habe nicht ausgemacht werden können. Zwar sei der Vogel durch Windkraftrotoren hochgradig schlaggefährdet, die Art sei in ihrem Bestand aber nicht bedroht. Daher sei es vertretbar gewesen, den Mäusebussard nicht als windenergiesensibler Art einzustufen, die einer besonderen Betrachtung in der Vorprüfung bedürfe.

Hinsichtlich der Fledermäuse seien durch die Auflagen im Genehmigungsbescheid erhebliche Beeinträchtigungen beanstandungsfrei ausgeschlossen worden. Insoweit habe der Beklagte hinreichende Vorgaben über die Abschaltung der Windräder im Aktivitätszeitraum der Zwergfledermaus in der Zeit von April bis Oktober gemacht und außerdem eine fortwährende Überprüfung der Auswirkung auf die Flugbewegung der Tiere angeordnet.

Die 8. Kammer sieht im Übrigen auch keine negativen Auswirkungen auf das Naturschutzgebiet „Gambachtal“ und das Landschaftsschutzgebiet „Freudenberg“. Insbesondere für den Bereich des Landschaftsschutzgebietes, in dem sich die Windenergieanlagen befinden, sei eine Ausnahmegenehmigung für den Bau wirksam erteilt worden. Ebenso wenig habe der Genehmigung entgegengestanden, dass das Flora-Fauna-Habitat-Gebiet „Eulenbruchs Wald“ in der Nähe der Windenergieanlagen liege. Insoweit sei die maßgebliche Pufferzone von 300 Meter gewahrt.

Das Gericht hält auch die Annahme des Kreises Siegen-Wittgenstein für tragfähig, dass dem Windenergie-Vorhaben die Schutzzwecke des westlich und südwestlich des Vorhabengebietes in 750 Meter beziehungsweise 5.000 Meter Entfernung gelegenen Vogelschutzgebietes „Westerwald“ nicht entgegenstehen.

Der Kläger könne schließlich nicht damit durchdringen, dass durch die Windkraftanlagen unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen oder Schattenwürfe auf sein Grundstück erfolgten. Hierfür seien die maßgeblichen Richtwerte für Schallimmissionen und die zulässige Beschattungsdauer ausreichend berücksichtigt worden. Die Windräder seien auch nicht optisch bedrängend, sodass sie nicht gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot verstießen. Zwar seien die Windkraftanlagen aus den Aufenthaltsräumen der Wohnhäuser sichtbar. Allerdings habe sich das Gericht bei einem Ortstermin davon überzeugen können, dass die Sichtbarkeit der Anlagen ausreichend abgeschirmt werden könne.

Gegen die Entscheidung kann Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen erhoben werden.

 

Aktenzeichen: 8 K 7392/17