Die AfD und die Stadt Siegen streiten aktuell vor Gericht um die Nutzung der Siegerlandhalle für eine Wahlbewerberaufstellungsveranstaltung der AfD.

Der Landesverband Nordrhein-Westfalen der AfD möchte an zwei Wochenenden im Mai in der Siegerlandhalle seine Versammlung zur Aufstellung seiner Kandidaten für die im September stattfindende Wahl zum Deutschen Bundestag durchführen. Nachdem ein entsprechender Antrag von der Direktion der Siegerlandhalle abgelehnt worden war, hat die AfD vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Die 12. Kammer des Gerichts hat die Stadt Siegen in einem am 15. April 2021 ergangenen Beschluss nunmehr dazu verpflichtet, der AfD die begehrten Räumlichkeiten an zwei Wochenenden zur Verfügung zu stellen.

Die von der Stadt Siegen betriebene Siegerlandhalle wird politischen Parteien regelmäßig zur Durchführung von Parteiveranstaltungen zur Verfügung gestellt; auch die AfD hat dort schon Veranstaltungen durchgeführt. Durch diese Handhabung entsteht ein Gleichbehandlungsanspruch der um Zugang zur Siegerlandhalle nachfragenden Parteien. Die Vergabepraxis und Vergabeentscheidung der Direktion der Halle muss durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein. Einen derartigen sachlichen Grund für die Versagung der Vergabe von Räumlichkeiten an die AfD in der Siegerlandhalle an den begehrten Wochenenden hat die Stadt Siegen im gerichtlichen Verfahren jedoch nicht glaubhaft gemacht.

Die Stadt Siegen führt zur Begründung ihrer Entscheidung im Wesentlichen aus, konkrete Erfahrungen mit AfD-Veranstaltungen aus jüngerer Vergangenheit zeigten, dass es im Zusammenhang mit politischen Veranstaltungen der AfD regelmäßig zu erheblichen Störungen im Umfeld der Veranstaltungsörtlichkeiten komme, wobei insbesondere mit Protestaktionen und Gegendemonstrationen sowie verbalen Angriffen auf Besucher der AfD-Veranstaltung und sonstiger an den betreffenden Tagen im Tagungszentrum stattfindenden Veranstaltungen zu rechnen sei; bei AfD-Veranstaltungen sei daher regelmäßig ein erhebliches Polizeiaufgebot vor Ort notwendig. Diese Erwägungen tragen die Versagung des Zugangs der AfD zur Siegerlandhalle jedoch nicht.

Die Befürchtung, dass es anlässlich der geplanten Veranstaltung zu Gegendemonstrationen kommen wird, rechtfertigt grundsätzlich nicht die Versagung der Zulassung zu einer öffentlichen Einrichtung wie der Siegerlandhalle. Es ist Aufgabe der Polizei- und Ordnungsbehörden, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren und eingetretene Störungen zu beseitigen. Die mit einer Veranstaltung verbundenen Risiken liegen im Bereich dessen, was in einer auf Demokratie und Meinungsfreiheit beruhenden Rechtsordnung als Begleiterscheinung öffentlicher politischer Auseinandersetzungen prinzipiell in Kauf genommen werden muss. Für Veranstaltungen einer Partei gilt dies, solange diese nicht vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden ist. Etwas anderes würde nur dann Platz greifen, wenn Tatsachen vorlägen, die die Befürchtung rechtfertigten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit polizeilichen Mitteln nicht aufrechterhalten werden könnte, also im Fall eines so genannten polizeilichen Notstands. Die Stadt Siegen hat im gerichtlichen Verfahren jedoch nicht dargelegt, dass mit einem derartigen Szenario zu rechnen ist und sich vorliegend eine praktische Konkordanz nicht herstellen ließe, bei der auch Raum für die streitbefangene Überlassung der in der Siegerlandhalle befindlichen Räumlichkeiten an die AfD verbleibt. Dass es zu Konflikten mit Besuchern zweier an den betreffenden Wochenenden in der Siegerlandhalle in weiteren Räumlichkeiten ebenfalls geplanten Veranstaltungen kommen könnte, hat die Stadt Siegen nach Auffassung des Gerichts ebenfalls nicht dargetan.

Die Stadt Siegen hat gegen die Entscheidung vom 15. April 2021 bereits  Beschwerde eingelegt, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheiden wird.

 

Aktenzeichen: 12 L 241/21