Ein von der Stadt Hamm gegen den Leiter des Amtes für soziale Integration ausgesprochenes Verbot der Führung der Dienstgeschäfte bleibt vorerst weiterhin bestehen. Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg hat mit Beschluss vom 8. Oktober 2021 einen einstweiligen Rechtsschutzantrag abgelehnt, mit welchem der betroffene Beamte die Aufhebung des Verbotes bis zum Abschluss des gegen die Verbotsverfügung geführten Klageverfahrens erreichen wollte.

Der Oberbürgermeister der Stadt Hamm hatte im Juni 2021 gegen den Beamten ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte sowie ein Hausverbot für sämtliche städtischen Verwaltungsgebäude erlassen und angeordnet, dass diese Verfügungen auch für den Fall der Klageerhebung zu beachten seien. Hintergrund der Maßnahmen ist ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren, welches aktuell unter anderem wegen des Verdachts des gemeinschaftlich im Dienst begangenen Betrugs in einem besonders schweren Fall und des Verdachts der gemeinschaftlich im Dienst begangenen Untreue in einem besonders schweren Fall gegen den Beamten geführt wird. Die von der Stadt Hamm erlassene Verbotsverfügung begegnet aus Sicht des Gerichts keinen rechtlichen Bedenken.

Gemäß § 39 Satz 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) kann Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Zwingende dienstliche Gründe sind gegeben, wenn bei weiterer Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen werden. Maßgebend ist nicht ein vorwerfbares Verhalten des Beamten, sondern eine Gefährdung des Dienstes. Dies erfordert die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Steht das Vorliegen einer im Dienst begangenen erheblichen Straftat im Raum, so kann bereits ein diesbezüglicher Anfangsverdacht für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausreichend sein. Nicht erforderlich ist eine Verdunkelungsgefahr oder eine Behinderung der Ermittlungen bei Fortsetzung der dienstlichen Tätigkeit. Entsprechend dem Zweck des Verbots genügt insoweit der auf hinreichenden Anhaltspunkten beruhende (Anfangs-)Verdacht einer Straftat, wie er sich etwa in der Aufnahme staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen gegen den Beamten manifestiert. Die endgültige Aufklärung des Sachverhalts ist weiteren Verfahren vorbehalten. Dem entsprechend ist für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte keine erschöpfende Aufklärung beziehungsweise kein „Beweis“ erforderlich. Ebenso wenig muss sich das Verhalten des Beamten letztlich tatsächlich als strafrechtlich relevant erweisen.

Ausgehend hiervon hat das Gericht das Vorliegen zwingender dienstlicher Gründe für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte bejaht. Es führt aus, das dem Beamten im Zusammenhang mit einem Projekt zur Integrationsförderung zugewanderter Menschen aus Südosteuropa von der Staatsanwaltschaft vorgeworfene Fehlverhalten sei als grober Missbrauch der dienstlichen Befugnisse zu werten, sofern sich die erhobenen Vorwürfe im Laufe des strafrechtlichen Verfahrens bestätigen sollten. Bei dieser Sachlage sei der Stadt Hamm – auch in Ansehung der bis zum Abschluss des Strafverfahrens für den Beamten geltenden Unschuldsvermutung – eine weitere dienstliche Zusammenarbeit mit dem Beamten bis zur Klärung des bestehenden Verdachts nicht zuzumuten. Dass eventuell sonstige an der Durchführung des Projekts beteiligte Beamte nach wie vor für die Stadt Hamm tätig seien, sei für das vorliegende, allein den Amtsleiter betreffende Verfahren ohne Belang.

Es seien auch keine für den Beamten weniger einschneidenden Maßnahmen – wie etwa eine Umsetzung, Versetzung oder Abordnung – ersichtlich, die zur Abwendung der Gefahr für den Dienst ebenso geeignet seien. Die Schwere der gegen den Beamten erhobenen Vorwürfe und der damit einhergehende grundlegende Vertrauensverlust auf Seiten der Stadt Hamm schlössen seine vorläufige amtsangemessene Weiterbeschäftigung bei Fortbestand des Verdachts aus.

Die Kammer führt ferner aus, das Ansehen der Stadt Hamm und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des öffentlichen Dienstes würden erschüttert, wenn bei Auftreten eines so schwerwiegenden Verdachts, wie er gegenüber dem Beamten bestehe, nicht umgehend Konsequenzen gezogen würden. Gleichgewichtige oder überwiegende Nachteile drohten dem Beamten nicht. Insbesondere erhalte er während der Dauer des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte weiterhin eine amtsangemessene Alimentierung. Eine Rehabilitation könnte der Beamte auch durch die Außervollzugsetzung des Verbots nicht erreichen, da sich dadurch am Fortbestand des Straftatverdachts, über den in der lokalen Presse bereits umfassend berichtet worden sei, nichts ändern würde.

Das gegen den Beamten erlassene Hausverbot für sämtliche Verwaltungsgebäude der Stadt Hamm sei im maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses (Juni 2021) ebenfalls offensichtlich rechtmäßig. Es solle den hinter dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte stehenden Zweck, das Ansehen der Stadt Hamm und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des öffentlichen Dienstes zu wahren, sicherstellen. Zur Erledigung unerlässlicher privater Verwaltungsangelegenheiten, die nicht telefonisch oder postalisch erledigt werden können, darf der Beamte die Verwaltungsgebäude nach vorheriger telefonischer Anmeldung betreten.

 

Gegen die Entscheidung vom 8. Oktober 2021 kann Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.

Aktenzeichen: 2 L 678/21