Die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg hat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29. November 2021 die elf Klagen einer Hundezüchterin aus Kreuztal-Buschhütten, ihres Ehemannes und der gemeinsamen volljährigen Kinder gegen verschiedene tierschutzrechtliche Anordnungen und Maßnahmen des Kreises Siegen-Wittgenstein abgewiesen.

Der Ehemann der Züchterin beschäftigt sich bereits seit längerem mit der Zucht und dem Verkauf von Hunden. Gegen ihn gab es in der Vergangenheit immer wieder zivilrechtliche Klagen von Hundekäufern, nachdem Welpen nach deren Erwerb erkrankt waren. In diesem Zusammenhang wurde die Vermutung geäußert, dass es sich bei den verkauften Welpen um solche gehandelt habe, die aus Osteuropa importiert worden seien. 2004 wurde der bis dahin vom Ehemann der Züchterin gewerbsmäßig gehaltene Hundebestand aufgelöst. Der Kreis Siegen-Wittgenstein erteilte der Züchterin im April 2006 eine Erlaubnis, gemeinsam mit einer in Hessen wohnenden Tierärztin auf dem Grundstück in Kreuztal-Buschhütten Hunde zu halten oder zu züchten. Die Erlaubnis war beschränkt auf 30 Zuchthunde, mit denen die Tätigkeit ausgeübt werden sollte, sowie auf die dort angegebenen Räume und Einrichtungen. Bei einer im September 2016 durchgeführten Kontrolle wurden 65 Hunde und 18 Welpen aus fünf Würfen vorgefunden. 

Nachdem im Rahmen eines staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts von Straftaten im Zusammenhang mit der Einfuhr von Welpen aus Osteuropa und deren Weiterverkaufs als eigene Zuchthunde die Zuchtanlage am 14. Dezember 2016 durchsucht und 115 Hunde in teilweise mäßigem bis schlechtem Gesundheits- und Pflegezustand vorgefunden, von der Anlage verbracht und bei verschiedenen Tierschutzorganisationen bzw. Tierauffangstationen pfleglich untergebracht worden waren, wurden gegen die Züchterin, ihren Ehemann und die erwachsenen Kinder Strafverfahren vor dem Landgericht Hagen eröffnet.

Am 16. und 20. Dezember 2016 erließ der Kreis Siegen-Wittgenstein gegen die Züchterin und die vorbenannte Tierärztin mehrere Ordnungsverfügungen, die den Widerruf der Erlaubnis zum Betrieb einer Hundezucht, die Untersagung des gewerbsmäßigen Haltens und Handelns mit sowie der Zucht von Hunden sowie die Bestätigung der Fortnahme und anderweitigen pfleglichen Unterbringung der im Zuchtbetrieb vorgefundenen Hunde zum Gegenstand hatten. Die Widerrufs- und Untersagungsverfügungen versah der Kreis mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung, welche bewirkt, dass die Verfügungen auch während eines laufenden Klageverfahrens befolgt werden müssen. Darüber hinaus ordnete der Kreis am 29. Dezember 2016 die Veräußerung der fortgenommenen Hunde an. Die Klagen gegen die die Tierärztin betreffenden Ordnungsverfügungen hat das Gericht bereits im November 2020 abgewiesen; über die Anträge auf Zulassung der Berufung gegen diese Urteile hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen noch nicht entschieden. Die Klagen der Züchterin waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2021.

Der Züchterin, ihrem Ehemann und dem Sohn wurde im April 2017 – unter Androhung von Zwangsgeldern für den Fall der Zuwiderhandlung – die Haltung und Betreuung von Hunden untersagt, wobei der Sohn noch maximal drei Hunde privat halten durfte. Die gegen diese Verbotsverfügungen gerichteten Klagen hat die Kammer ebenfalls am 29. November 2021 verhandelt.

Nachdem in den Jahren 2019 und 2020 bei dem Kreis Siegen-Wittgenstein mehrere Anzeigen eingegangen waren, nach deren Inhalt auf dem Grundstück der Familie wieder Hunde gehalten würden, wurde am 12. Februar 2021 erneut eine tierschutzrechtliche Kontrolle vorgenommen, in deren Verlauf neun Hunde in Obhut genommen wurden. Dort verblieben lediglich die im Eigentum der Kinder der Züchterin stehenden Hunde, darunter auch Welpen. Im März 2021 setzte der Kreis gegen die Züchterin und deren Ehemann wegen Verstoßes gegen die in 2017 verfügten Verbote der Hundehaltung Zwangsgelder fest. Auch diese Bescheide wurden in zwei nunmehr entschiedenen Klageverfahren angegriffen. Die Tochter der Züchterin beklagte eine nach Durchführung der Durchsuchung im Februar 2021 ergangene Verfügung, in welcher Einzelanordnungen zur Haltung und Versorgung der von ihr gehaltenen Hunde gemacht wurden. Eine weitere vor der Kammer verhandelte Klage der Züchterin richtete sich gegen deren Heranziehung zur Erstattung der im Zusammenhang mit der Fremdunterbringung der im Dezember 2016 von der Anlage verbrachten Hunde entstandenen Gebühren, Kosten und Auslagen in Höhe von insgesamt annähernd 90.000 EUR.

Die Kammer führt in ihren nach Durchführung der mündliche Verhandlung am 29. November 2021 ergangenen Urteilen aus, die Verbote der Haltung und Betreuung von Hunden seien zu Recht erlassen worden, da diese zur Beseitigung der am 14. Dezember 2016 festgestellten erheblichen Verstöße gegen § 2 des Tierschutzgesetzes (TierSchG), welche mit der Zufügung von erheblichen oder länger anhaltenden Schmerzen für die betroffenen Hunde verbunden gewesen seien, erforderlich gewesen seien. Nach § 2 TierSchG muss, wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen (Nr. 1); er darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden (Nr. 2), und er muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen (Nr. 3). In der von der Familie betriebenen Hundehaltung sei wiederholt gegen diese Vorschrift verstoßen worden: Ein Großteil der Hunde sei über einen längeren Zeitraum in Zwingern untergebracht worden, die den insoweit in der Tierschutzhundeverordnung formulierten Anforderungen nicht einmal ansatzweise entsprochen hätten. Auch sei die Zuchtanlage teilweise überbelegt gewesen. Den bei tierschutzrechtlichen Kontrollen in den Jahren 2015 und 2016 erfolgten Hinweisen auf das dringende Erfordernis der Modernisierung der Anlage und auf deren Überbelegung sei nicht nachgekommen worden. Bei der Begehung am 14. Dezember 2016 seien sowohl ein Großteil der Hundehütten als auch die Ausläufe hochgradig verschmutzt gewesen, in Aufenthaltsbereichen der Hunde seien verletzungsträchtige Gegenstände vorgefunden worden. Den hygienischen Missständen in den Holzhütten, Zwingern und Ausläufen im Außenbereich hätten die Zustände der Räumlichkeiten im Wohnhaus, in denen Hunde vorgefunden wurden, teilweise entsprochen. Der Verschmutzungsgrad in den völlig mit Kot verdreckten Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Gebäudes, in denen zudem starker Ammoniakgeruch vorgeherrscht habe und der nach der Einlassung des in der mündlichen Verhandlung als Zeugen angehörten Amtstierarztes auf eine Entwicklung über mindestens vier bis fünf Tage habe schließen lassen, habe eine Bewegung für die darin gehaltenen Tiere ohne direkten Kontakt mit den Ausscheidungen und damit verbundenen Kot- und Urinverschmutzungen nicht mehr zugelassen. In einer Garage ohne Lichteinfall seien sechs im Allgemeinbefinden deutlich reduzierte Welpen in Plastikboxen vorgefunden worden, welche vermutlich am Abend des 10. Dezember 2016 aus Polen auf die Anlage verbracht worden seien. Trinkwasser und Futter seien nicht in ausreichender Menge für alle Hunde vorhanden gewesen. Diese Verstöße ließen sich nicht allein mit einer kurzfristigen Erkrankung der Hundezüchterin und ihrer Angehörigen am Norovirus in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Kontrolle am 14. Dezember 2016 erklären. Darüber hinaus habe die Hundehaltung auch gegen das in § 2 Nr. 1 TierSchG enthaltene Pflegegebot verstoßen, da zahlreiche Hunde trotz eindeutiger Erkrankungen nicht tierärztlich behandelt worden waren.

Die Kammer führt des Weiteren aus, auch Einlassungen der Züchterin in dem gegen sie geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sprächen hinreichend für gewichtige Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen.

Der Kreis Siegen-Wittgenstein habe auch zu Recht angenommen, dass aufgrund der Vielzahl und Erheblichkeit der vorgefundenen Beeinträchtigungen und Missstände die Annahme gerechtfertigt sei, dass auch zukünftig solche Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen begangen würden. Dies gelte nicht nur für die Hundezüchterin selbst. Ihrem Sohn hätte es freigestanden, seinen Lebensunterhalt anders als durch seine Tätigkeiten in der Hundehaltung seiner Mutter sicherzustellen und sich somit deutlich von den dortigen Entwicklungen zu distanzieren.

Auch die Klage der Tochter der Familie wurde abgewiesen, weil deren Hundehaltung nicht den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprach. Ohne Erfolg blieben auch die Klagen gegen die Zwangsgeldfestsetzungen. Die Züchterin ist nach dem Urteil der Kammer vom 29. November 2021 zudem zur Erstattung der Kosten für die Fremdunterbringung der Hunde verpflichtet.

Gegen die Urteile können Anträge auf Zulassung der Berufung gestellt werden, über welche das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu entscheiden hätte.

Aktenzeichen: 8 K 2264/18, 8 K 2265/18, 8 K 2266/18, 8 K 2267/18, 8 K 2268/18, 8 K 12/19, 8 K 1251/20,

                             8 K 1064/21,  8 K 1065/21, 8 K 1118/21, 8 K 1269/21