Das gegen den langjährigen Leiter des zwischenzeitlich aufgelösten Amtes für soziale Integration der Stadt Hamm im Juni 2021 ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist zu Recht ergangen. Dies hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Urteil vom 16. November 2022 entschieden.

Ab 2017 wurde von der Stadt Hamm ein vom Land Nordrhein-Westfalen finanziertes Projekt zur Förderung der Integration der in Hamm lebenden bulgarischen Roma-Gemeinschaft durchgeführt; zuständig hierfür war das seinerzeitige Amt für soziale Integration. Im Mai 2021 beauftragte der Oberbürgermeister der Stadt Hamm das städtische Rechnungsprüfungsamt mit einer Prüfung aller mit diesem Projekt verbundener Verwaltungsvorgänge. Der hiernach erstellte Bericht vom 15. Juni 2021 wies auf zahlreiche Unzulässigkeiten des geprüften Projektes hin. Der Oberbürgermeister sprach daraufhin – nach Führung eines Gesprächs mit dem Beamten – am 24. Juni 2021 gegen den Leiter des Amtes für soziale Integration ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte sowie ein Hausverbot für sämtliche städtische Verwaltungsgebäude aus. Zur Erledigung unerlässlicher privater Verwaltungsangelegenheiten, die nicht telefonisch oder postalisch erledigt werden können, durfte und darf der Beamte die Gebäude nach vorheriger telefonischer Anmeldung betreten. Zur Begründung des Verbots der Führung der Dienstgeschäfte war ausgeführt worden, der Beamte sei als Leiter des das Projekt durchführenden Amtes für die in dem Bericht des Rechnungsprüfungsamtes aufgezeigten Unzulänglichkeiten verantwortlich. Zudem werde – begleitet von öffentlicher Berichterstattung – in der Angelegenheit von der Staatsanwaltschaft ermittelt. Danach lägen zwingende dienstliche Gründe vor, die die Fortführung der Dienstgeschäfte durch den Amtsleiter für die Stadt Hamm unzumutbar machten. Am 2. Juli 2021 leitete die Staatsanwaltschaft Dortmund gegen den Amtsleiter ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des gemeinschaftlich im Dienst begangenen Betrugs in einem besonders schweren Fall und des Verdachts der gemeinschaftlich im Dienst begangenen Untreue in einem besonders schweren Fall ein; dieses staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren dauert auch aktuell noch an.

Einen zeitgleich mit der Erhebung der Klage gegen die Verbotsverfügung gestellten einstweiligen Rechtsschutzantrag, mit welchem der Amtsleiter die Aufhebung der Verbote bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Klageverfahrens erreichen wollte, hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Arnsberg mit Beschluss vom 8. Oktober 2021 abgelehnt.

An ihrer bereits in diesem Beschluss zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung, dass sowohl das gegen den Amtsleiter ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte als auch das Hausverbot nicht zu beanstanden sind, hält die Kammer nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus den nachfolgenden Gründen nach wie vor fest:

Gemäß § 39 Satz 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) kann Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Zwingende dienstliche Gründe sind gegeben, wenn bei weiterer Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen werden. Entscheidend ist dabei die Sachlage, wie sie sich zum Zeitpunkt des Ausspruchs des Verbotes darstellt.

Inhaltlich maßgebend für ein Verbot der Dienstgeschäfte ist nicht ein vorwerfbares Verhalten des Beamten, sondern die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Steht das Vorliegen einer im Dienst begangenen erheblichen Straftat im Raum, so ist für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte keine erschöpfende Aufklärung beziehungsweise kein „Beweis“ erforderlich. Ebenso wenig muss sich das Verhalten des Beamten letztlich tatsächlich als strafrechtlich relevant erweisen. Ausreichend ist vielmehr ein auf hinreichenden Anhaltspunkten beruhender diesbezüglicher Anfangsverdacht. Ein solcher Anfangsverdacht manifestiert sich etwa in der Aufnahme staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen gegen den Beamten und kann damit auch schon vor der Einleitung eines förmlichen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens bestehen.

Ausgehend hiervon lagen zwingende dienstliche Gründe für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte schon am 24. Juni 2021 – und damit noch vor Einleitung des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens am 2. Juli 2021 – vor. Das Gericht führt insoweit aus, das dem Amtsleiter im Zusammenhang mit dem Projekt zur Integrationsförderung zugewanderter Menschen aus Südosteuropa von der Staatsanwaltschaft vorgeworfene Fehlverhalten sei als grober Missbrauch der dienstlichen Befugnisse zu werten, sofern sich die erhobenen Vorwürfe im Laufe des strafrechtlichen Verfahrens bestätigen sollten. Bei dieser Sachlage sei der Stadt Hamm – auch in Ansehung der bis zum Abschluss des Strafverfahrens für den Beamten geltenden Unschuldsvermutung – eine weitere dienstliche Zusammenarbeit mit dem Beamten bis zur Klärung des bestehenden Verdachts nicht zuzumuten. Dass eventuell sonstige an der Durchführung des Projekts beteiligte Beamte nach wie vor für die Stadt Hamm tätig seien, sei für das vorliegende, allein den Amtsleiter betreffende Verfahren ohne Belang.

Es seien auch keine für den Beamten weniger einschneidenden Maßnahmen – wie etwa eine Umsetzung, Versetzung oder Abordnung – ersichtlich, die zur Abwendung der Gefahr für den Dienst ebenso geeignet seien. Die Schwere der gegen den Beamten erhobenen Vorwürfe und der damit einhergehende grundlegende Vertrauensverlust auf Seiten der Stadt Hamm schlössen seine amtsangemessene Weiterbeschäftigung bei Fortbestand des Verdachts aus.

Das gegen den Beamten erlassene Hausverbot sei im maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses ebenfalls offensichtlich rechtmäßig. Es solle den hinter dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte stehenden Zweck, das Ansehen der Stadt Hamm und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des öffentlichen Dienstes zu wahren, sicherstellen.

Gegen das Urteil kann ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden, über welchen das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu entscheiden hätte.

Aktenzeichen: 2 K 2007/21